Preisvergleich Freiberufler vs. Internetagentur

Wer eignet sich besser für das Webprojekt Freiberufler oder Agentur? Eine Budgetanalyse liefert Einsichten.

Preisvergleich Freiberufler vs. Internetagentur

Vor ein paar Tagen traf ich einen Bekannten, der mir umgehend eröffnete, dass die Zeit jetzt reif sei, seine Anwaltskanzlei im Internet zu präsentieren. Er brauche eine Website, nichts Großes, dafür um so seriöser, das Design schlicht, in schwarz und weiss, gerade so wie eine Todesanzeige (wirklich prägnant gesagt). Mit welchen Kosten er rechnen müsse und was er für die Erstellung zu tun hätte.

Ich empfahl ihm den Webkalkulator zur ersten Meinungsbildung und am gleichen Tag füllte er den Fragebogen aus. Der Kalkulator rechnete ein Budget von 1000€. Zu niedrig, meinte ich sogleich und ging den Projektbeschrieb durch. Schnell erkannte ich meine Fehleinschätzung. Ich ging davon aus, er suche eine Internetagentur.

Unterschiedliche Auslegung der Webprojekte

Ob die Wahl auf einen Freiberufler oder eine Agentur trifft, ist für ein Webprojekt ein Entscheid ersten Ranges. Projekte von Freiberuflern und Agenturen unterscheiden sich nicht nur vertragsrechtlich, sondern auch in der Art der Durchführung: Webprojekte von Freiberuflern sind Einpersonenprojekte, dagegen sind bei Agenturprojekten zwei oder mehr Fachpersonen engagiert.

Den grundlegenden Unterschied belegt eine Auswertung der Budgets, die wir bisher erhoben haben: Das mittlere Budget eines Freiberuflers beträgt 2700€, dasjenige einer Agentur dagegen 5800€. Dabei ist die Differenz von über 100% nur zur Hälfte auf höhere Honorarsätze zurückzuführen. Diese betragen nämlich im Mittel bei den Agenturen 70€ im Vergleich zu 48€ bei den Freiberuflern. Internetagenturen und Webdesigner/Freiberufler interpretieren eine gestellte Aufgabe also unterschiedlich: Agenturen zugunsten der Qualität und Freiberufler zugunsten der Kosten.

Budget bestimmt die Wahl

Freiberufler oder Internetagentur, wer ist im konkreten Fall für ein Webprojekt besser aufgestellt? Die Antwort liefert der Budgetrahmen des Projekts, wenigstens aus makroökonomischer Sicht (siehe Grafik). Diese veranschaulicht die Verschiebung der Marktanteile, wenn man die Budgets nach Höhe und Anteilen auswertet:

  • Bei Budgets unter 2500€ bekommen Freiberufler 66% der Webprojekte, Agenturen 20%.
  • Bei Budgets über 2500€ sinkt der Anteil der Freiberufler auf 37%, der Anteil der Agenturen steigt auf 60%.
  • Im Bereich 3000€ bis 4000€ sind die Anteile ausgeglichen. Hier dürfte die Konkurrenz am grössten ist.

Fazit

Mein Bekannter will, dass seine Website von einem Freiberufler programmiert wird. Die Webkalulator-Budgetempfehlung von 1000€ bewertete er als passend. Hätte er sich für eine Internetagentur entschieden, der Webkalkulkator hätte das Budget auf 1900€ kalkuliert, also auf fast das Doppelte.

Die unterschiedliche Bewertung macht Sinn: Eine Agentur würde für das Projekt einen Programmierer und einen Grafiker einsetzen und würde für den Produktionseinsatz 27 Stunden kalkulieren (Budget 1900€ geteilt durch den Stundensatz von 70€). Ein Freiberufler würde Programmierung und Design in Personalunion ausführen und 21 Stunden veranschlagen (Budget 1000€ geteilt durch den Stundensatz von 48€). Stundensatz und Produktionseinsatz legen die verschiedenen Kosten- und Qualitätskonzepte der beiden Anbieterkategorien offen.

Freiberufler oder Internetagentur, die Frage ist im Normalfall weniger brisant, Qualitätsansprüche und Budgetrahmen bestimmen die Wahl maßgeblich. Beide gehören sie in der Regel zur Ausgangslage eines Webprojekts. Sowohl Agenturen als auch Freiberufler haben eine schweren Stand, wenn sie gegeneinander argumentieren. Meinem Bekannten die Dienstleistung einer Agentur beliebt zu machen, wäre weniger fruchtbar als ihm die Vor- und Nachteile seiner Wahl zu erleutern.

Zum Weiterlesen:

Zusammenarbeit Internetagenturen / Auftraggeber – Methoden und Tools. Vortrag von Walter Schärer an Reto Hartingers Internet Briefing in Zürich.

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